Wir hatten einen schönen Stand – auch diesmal wieder im Bereich „Seelsorge“ auf dem Markt der Möglichkeiten – und die Vorbereitungen des AK SMuC hatten sich gelohnt: Es gab viele gute Gespräche, selbst mit älteren Leuten. Ablehnende Reaktionen waren die absolute Ausnahme.
Ein paar Beispiele für die uns gestellten Fragen:
Ist das denn mit der Bibel vereinbar?
Ist die Geißel (Peitsche aus dem Bild) nicht ein Symbol für Leiden?
Gibt es eine SM Gruppe in meiner Region (wobei der Fragende seinen Wohnort nicht verriet)?
SM ist ja in Ordnung – aber sollte SM bei Christen nicht nur in einer festen Partnerschaft praktiziert werden? Ist SM mehr oder weniger verwerflich oder richtig als Homosexualität?
Was haben SM und Christsein gemeinsam? Wo ist die Verbindung?
Einige Standbesucher, die sich dort selbst als SMler outeten, sagten, dass sie erst durch den Stand auf den Arbeitskreis aufmerksam geworden seien, und zeigten ihre Freude darüber, dass es auch andere Christen gibt, die zu ihren SM-Vorlieben stehen. Aber auch „Nur-SMler“, die sich als Nichtchristen outeten, kamen an unseren Stand.
Andere Kirchentagsbesucher hatten offenbar gezielt nach dem Stand gesucht. Darunter waren auch erstaunlich viele Jugendliche. Nach neugierigen, teils auch belustigten Fragen wurden die Gespräche oft intensiv. Die Fragen der Jugendlichen entpuppten sich dabei als erstaunlich gezielt. („Wie gestaltet sich euer Alltag mit SM?“, „Gibt es damit Probleme in der Gemeinde?“ usw…).
Auch die benachbarten Standbetreuer im Bereich Seelsorge zeigten reges Interesse, informierten sich und hießen die SMler willkommen, so zum Beispiel auch die „geschiedenen Pfarrersfrauen“, von denen eine sich dahingehend äußerte, dass die Scheidungsraten sicher sinken würden, wenn mehr Leute so offen über ihre Sexualität reden könnten. Zeitweise war das Interesse am Stand so groß, dass unsere Standbesetzung regelrechte Gesprächsgruppen bilden musste.Medieninteresse war dagegen nur wenig zu spüren (im Vergleich zum Kirchentag in Hannover). Offenbar sind wir gar nichts Ungewöhnliches mehr.
Es kam auch die Frage, ob man für das Thema „SM und Christsein“ auf dem Kirchentag präsent sein müsse oder ob dieses Thema nicht z.B. durch das Outing eines SM praktizierenden Pfarrers gegenüber seiner Gemeinde an die Öffentlichkeit getragen werden müsse. Wir argumentierten gegen den Druck, sich outen „zu müssen“. Das Interesse, das uns auf dem Kirchentag entgegen gebracht wurde, bestätigte uns darin, diese Art der Öffentlichkeitsarbeit für christliche SMler und für „Interessierte“ zu machen.
In den Gesprächen stand oft das persönliche Outing im Zentrum, aber dafür wurden diese Gespräche auch sehr authentisch. Daher meinen wir auch, dass eine Öffentlichkeitsarbeit, wie wir sie machen, eben nur von den Sadomasochisten selbst übernommen werden kann, denn wer mit SM nichts am Hut hat, kann wohl kaum über SM aufklären.
Wenn es bei dem einen oder der anderen noch einen Ansatz des Gefühls der Unnormalität gegeben hatte, dem dürfte dieses bei der Arbeit am Stand in dieser Öffentlichkeit fern der SM-Szene vergangen sein. So konnten wir die Erfahrung machen, dass sich weit mehr Leute mit SM auseinander setzen, als gemeinhin in der Szene gedacht wird.
Ein Fazit, ob die Gespräche bei uns am Stand besser waren als vor zwei Jahren, lässt sich kaum ziehen. Für uns wenige Standbetreuer, war der Kirchentag auf jeden Fall eine großartige Erfahrung. Vor allem die Fragen der Besucher bieten viel Stoff für die Weiterarbeit im AK