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Arbeitskreis

Wir nennen uns Arbeitskreis, weil bei uns die Arbeit im Vordergrund stehen soll. Unsere Treffen haben daher immer ein Arbeitsziel und wenn möglich auch ein Ergebnis.

Augustinus

Augustinus war ein Kirchenlehrer. Also ein einflussreicher Theologe und Philosoph der Spätantike. Sein Name fällt im Kontext der Sexualmoral sehr oft, weil er quasi die Idee der Erbsünde in die Kirche gebracht hat. Sein Hauptwerk sind die Bekenntnisse seiner Sünden. Er war Manichäer bevor er Christ wurde und hat sicher einiges aus dieser Philosophie beibehalten.

BDSM

BDSM steht für
B: Bondage, also fesseln
Ds: Dominanz und Submission, also erotisches Machtgefälle
SM: Sadomasochismus, also Lust an Schmerzen usw. und die Lust diese anderen zu bereiten.

Bundestreffen

Wir bezeichnen unsere bundesweiten Treffen so. Diese finden meist zweimal jährlich statt und wegen der weiten Anreise über ein Wochenende.

Ds

Als Ds (dominant/submissiv) werden Beziehungen oder Rollenspiele mit einem starken Machtgefälle bezeichnet. Teilweise auch um sich von SM zu unterscheiden, weil es nicht um Schmerzen gehen soll.

Krafft-Ebing

Richard von Krafft-Ebing (1840-1902) war ein deutscher Psychiater; er schrieb das Werk „Psychopathia Sexualis“, das ab 1886 viele Auflagen hatte. Er übernahm darin den Begriff Sadismus aus Frankreich und prägte den Begriff Masochismus. In dem Buch beschrieb er auch viele andere „Perversionen“, die er wie folgt definierte: „Als pervers muss – bei gebotener Gelegenheit zu naturgemässer geschlechtlicher Befriedigung – jede Aeusserung des Geschlechtstriebes erklärt werden, die nicht den Zwecken der Natur, i.e. der Fortpflanzung entspricht.“ (S. 63) Sein Bild der Frau: „Anders das Weib. Ist es geistig normal entwickelt und wohlerzogen, so ist sein sinnliches Verlangen ein geringes. … Jedenfalls sind der Mann, welcher das Weib flieht, und das Weib, welches dem Geschlechtsgenuss nachgeht, abnorme Erscheinungen.“ (S. 13)
Quelle: Richard von Krafft-Ebing, Psychopathia Sexualis, 13. Aufl., Verlag von Ferdinand Enke, 1907 Stuttgart
https://archive.org/details/b21272104/page/n4/mode/1up

Ökumenisch

Als ökumenisch bezeichnen sich Gruppen und Gemeinschaften, die konfessionsübergreifen sind. Also zum Beispiel evangelisch, katholisch und orthodox.

Sacher-Masoch

Leopold Ritter von Sacher-Masoch (1836-1895) war ein österreichischer Schriftsteller. In einigen seiner zahlreichen Werke beschrieb er verschiedene Machtkonstellationen zwischen Frau und Mann, wobei er verschiedene mächtige, grausame oder dominante Frauen schildert. Privat war er devot und Pelz-Fetischist. Politisch war er ein Gegner des Antisemitismus.
In seinem Geburtsort Lwiw steht heute eine Statue von ihm vor dem Café Masoch.

de Sade

D.A.F. de Sade, (1740-1814) zeitweilig auch Louis Sade, bekannt unter seinem zeitweiligen Titel Marquis de Sade, war ein französischer Adliger und Revolutionär. In seinen Werken beschreibt er verschiedene sexuelle Phantasien: Gruppen-Sex, Sadismus, Koprophilie, Pädophilie, Masochismus, usw. Die Gewinnung eines positiven Verhältnisses zur eigenen Lust führt in de Sades Romanen zur Ausbeutung und Unterdrückung zahlreicher Opfer der eigenen Lust.
Die „Libertins“ unter seinen Figuren halten zwischendurch immer wieder philosophische Reden, in denen sie Atheismus, Amoralismus, Rücksichtslosigkeit, Abtötung von Empathie, Negation der Willensfreiheit, Naturalismus usw. propagieren. Moral verstand de Sade dabei als Tugendethik im Abschluss an die katholische Verarbeitung von Aristoteles; Kant oder Utilitaristen hat er nicht rezipiert. Seine wichtigsten philosophischen Einflüsse waren u.a. La Mettrie, Holbach, Voltaire.
Die Philosophie von de Sade wird heute in der BDSM-Szene nicht vertreten.

SSC

Das englische „Safe, sane, consensual“ bedeutet „sicher, vernünftig, einvernehmlich“. SSC kann auch als Grundprinzip des BDSM bezeichnet werden, da es eine in der sadomasochistischen Subkultur weitgehend unumstrittene Voraussetzung beschreibt.

SM

SM steht als Abkürzung für Sado-Masochismus, also die Lust an Schmerzen usw. und die Lust diese anderen zu bereiten.
Die Begriffe gehen auf die Namen der Schriftsteller D.A.F. de Sade und Leopold Ritter von Sacher-Masoch zurück. Der Begriff Masochismus wurde von Krafft-Ebing erfunden; die Zusammensetzung beider Begriffe erfolgte erst durch Sadger 1913.
Bei der Herausbildung der SM-Szene wurden verschiedene Abkürzungen verwendet. Es wurde klar, dass sich verschiedene Menschen versammelten: einige hatten Interessen an Bondage, andere an Unterwerfung und Erniedrigung, weitere an schmerzhaften Praktiken. Manche verbanden alle Interesse miteinander, andere nicht (z.B. nicht-masochistische Subs, die nicht gequält werden wollen, oder auch Wunschzettelsklaven, die leiden, aber nicht gehorchen wollen). Um das breite Spektrum besser abzudecken, wurde die Kombination BDSM zunehmend populär.

RACK

RACK ist ein weiteres Konzept, neben SSC innerhalb des BDSM, um bei potenziell risikobehafteten Aktivitäten Einvernehmlichkeit zwischen den Beteiligten sicherzustellen.

Was sagt die Bibel zu BDSM?

Das Konzept BDSM gab es zu biblischer Zeit noch nicht, also kann in den Texten der Bibel auch nichts dazu stehen. Zum Thema Sexualität und auch zu Machtverhältnissen findet sich aber sehr viel. Daraus kann man natürlich Rückschlüsse zu BDSM heute schließen. Diese werden wegen der großen Vielfalt von BDSM-Identitäten und Glaubensformen auch innerhalb des christlichen, sehr unterschiedlich ausfallen. Ihr findet in den Texten auf unserer Seite schon sehr viele individuelle Ansätze.

Darf man das?

Nicht nur Christinnen und Christen stellt sich beim Thema BDSM die Frage, ob man „das darf“. Ist das, was Menschen unter dem Label BDSM miteinander machen, juristisch und/oder moralisch erlaubt? Menschen christlichen Glaubens stellt sich dabei die zweite Frage, die nach der moralischen Legimitation, allerdings noch einmal dringlicher, denn die christliche Lehre ist unter anderem auch eine Morallehre mit genauen Vorstellungen darüber, wie Menschen gut miteinander umgehen sollen.

Zunächst zur ersten Frage. Juristisch ist BDSM unbedenklich – solange alles, was geschieht, einvernehmlich geschieht, und dabei keine unvernünftigen gesundheitlichen Risiken eingegangen werden. Was vernünftig und was unvernünftig ist, ist natürlich nicht einfach zu definieren – vielleicht lässt es sich am einfachsten an einem Beispiel erläutern. Fahrradfahren ohne Helm birgt gesundheitliche Risiken. Der Gesetzgeber schätzt diese aber als nicht so schwerwiegend ein, dass er Fahrradfahren ohne Helm verbieten würde. Beim Motorradfahren sieht er das anders, und so ist hier der Helm vorgeschrieben und Fahren ohne Helm verboten. Nun hat der Gesetzgeber nicht alle Aspekte erotischer und sexueller Interaktion gleichermaßen detailverliebt durchdekliniert wie das Verhalten im Straßenverkehr. Hier sind also die Beteiligten selbst aufgefordert, ihren gesunden Menschenverstand einzusetzen, um die gesundheitlichen Risiken gering zu halten. Solange sie das beachten und dabei einvernehmlich miteinander umgehen, ist BDSM juristisch unbedenklich.

Ist BDSM aber auch mit christlichen moralischen Wertvorstellungen vereinbar? Das halten wir bei der „richtigen Ausübung“ von BDSM definitiv für gegeben. Ein liebevoller Umgang im Kontext einer BDSM-Beziehung tut allen Beteiligten gut. Ein*e verantwortungsvolle*r Dom achtet mit großer Selbstverständlichkeit auf das Wohlergehen des/der Sub. Umgekehrt steht für den/die Sub idealerweise nicht allein das eigene Erleben im Mittelpunkt. Stets sollte die andere Seite „mitgedacht“ werden. Wenn man dann sieht, dass man nicht nur selber seine Freude an der Interaktion hatte, sondern auch dem anderen etwas geben konnte, ist die Freude doppelt groß.

Natürlich kann BDSM auch lieblos praktiziert werden, wobei dann das eigene Erleben im Mittelpunkt steht und auf das Erleben des Anderen keine Rücksicht genommen wird. Aber das gilt für jede Form erotischer oder sexueller Interaktion. Auch ehelicher Sex kann lieblos und rücksichtslos erfolgen. Es geht also immer um die Liebe. Wenn die Frage zum Thema BDSM lautet, ob „man das darf“, dann lautet die Antwort wie bei allem anderen Verhalten gegenüber anderen Menschen: Liebe, und tu was du willst. OK, den Satz haben wir jetzt bei Augustinus geklaut. Darf man das? Bestimmt…

Ist Christen BDSM erlaubt?

Der Arbeitskreis ist nicht zusammen gekommen um zu entscheiden, ob BDSM nun für Christen erlaubt sei oder nicht. Auch wenn manche dies vermuten oder erwarten. Diese Entscheidung muss jeder selbst nach seinem Gewissen und seinen Erfahrungen treffen.

Was wir können, ist einander durch Teilen von Wissen und Erfahrungen unterstützen. Beide Welten, die des BDSM und die der christlichen Religion sind zu komplex für pauschale ja oder nein Antworten.

Es gibt aber dennoch Antworten die man geben kann. Zum Beispiel das BDSM einvernehmlich ist und Einvernehmlichkeit auch in jeder aktuellen christlichen Sexualethik eine große Rolle spielt. Aktuellen, weil es Jahrhunderte lang nicht die Hauptfrage war. Innerhalb des BDSM gibt es viele Techniken, das Einvernehmen sicher zu stellen. Diese sind sicher darüber hinaus von Bedeutung.

Manche, die BDSM ablehnen, unterstellen pauschal Ehebruch, das ist aber nicht korrekt, weil BDSM auch innerhalb der Ehe gelebt wird. Hier muss man also differenzieren.

Wie groß ist der Arbeitskreis?

Eine genaue Anzahl der Mitglieder können wir nicht nennen, weil wir kein Verein sind, in den man formal ein oder austreten muss. Wir haben meist so zehn bis zwölf Aktive, die bei den meisten Treffen dabei sind und regelmäßig mitarbeiten. Daneben gibt es noch viele Interessierte, die von Zeit zu Zeit mal mitarbeiten. Im Laufe der Jahre konnten sich so einige hundert Menschen begegnen und in einen gemeinsamen Dialog treten, den die meisten aber auch wieder beenden, wenn das Thema aus irgendeinem Grund durch ist.

Literatur

Bücher über BDSM aus christlicher Sicht

Unverschämt – schön Sexualethik evangelisch und lebensnah“

Unverschämt – schön Sexualethik: evangelisch und lebensnah Autorinnen und Autoren: Dabrock, Peter / Augstein, Renate / Helfferich, Cornelia / Schardien, Stefanie / Sielert, Uwe ISBN-13 978-3-641-16557-4 Gütersloher Verlagshaus 2015, 11,99 EUR

Kommentar von Stephan: Das Buch enthält zwar nur ein Kapitel über BDSM ist aber sehr relevant, weil es wirklich ausgewogen die wichtigsten Themenbereiche der Sexualität offen benennt und evangelische Lösungen sucht.

Es war als Versuch gedacht den aktuellen Stand in der EKD wieder zu geben. Der Inhalt hätte wohl mal EKD-Papier werden sollen. Jedenfalls waren die Autoren Mitglieder einer entsprechenden Kommission, die leider ihre Arbeit nicht bebenden konnte und das Ergebnis trotzdem als Buch veröffentlicht hat.

Leider sieht sich das Buch als nicht wissenschaftlich und verzichtete deshalb auf entsprechende Anmerkungen und Belege, aber auf der anderen Seite benutzt es unnötig viele anspruchsvolle Wörter. Mir scheinen einige Behauptungen unbegründet. Die Gefahren im Bezug auf BDSM sollte man klar benennen oder lassen. Schützen können sie Menschen nur wenn sie konkret beschrieben werden.

Verschwiegene und abgelehnte Formen der Sexualität

Verschwiegene und abgelehnte Formen der Sexualität. Eine christliche Sicht. Geest, Hans van der. (1992): Zollikerberg. ISBN: 3-9520292-0-3.

Kommentar von Stephan: Nicht mehr regulär lieferbar. Schweizer Theologe und sehr guter Seelsorger, der sich auf Grund der eignen Homosexualität, sehr intensiv mit den Spielarten der Sexualität beschäftigt hat. Das Buch enthält ein Kapitel über BDSM, das sehr einfühlsam ist und auch mögliche theologische Interpretation enthält. Man merkt der Autor hat seine Informationen über BDSM aus tiefen seelsorgerischen Gesprächen.

Die heilige Qual, Spiritualität und Sadomasochismus

Titel: Heilige Qual und die Lust am Schmerz, Untertitel: Spiritualität und Sadomasochismus, Autor: Kaiser, Peter ISBN 978-3-95948-129-8 Verlag: Traugott Bautz, Erscheinungsdatum: 08.07.2016, 40,00 EUR, 284 Seiten

Kommentar von Stephan: Ein Buch mit sehr vielen Informationen und „Stoff“ zu unserem Thema leider etwas schwer zu lesen, weil nicht klar wird, welches Ziel der Autor mit dem Buch hat.

Die Umkehrung – zwischen Sexualität, Gott und Psychologie

Die Umkehrung – zwischen Sexualität, Gott und Psychologie. Roman über den Niedergang einer Verdrängung. Wagner, Joe (2000): Frieling. ISBN: 3828011063.

Rezension Arne Hoffmann vom 16. November 2019:
Ein komplexes, tiefgehendes und potentiell hilfreiches Werk. Als ich Joe Wagners Roman „Die Umkehrung“ gelesen habe, musste ich daran denken, wie schade es ist, dass SM-Erzählungen der Gegenwart fast ausschließlich entweder in der Form von Erotika oder in der Form von Schmonzetten a la „Shades of Grey“ im Mainstream angekommen sind. Allein weil ihre Zielgruppe so klein ist, bleibt tiefergehender SM-Literatur bis heute die Anerkennung versagt, die andere Bücher zum Thema menschliche Sexualität im Kanon lesenswerter Werke erhalten.

So steht Joe Wagners Buch beispielsweise Martin Walsers vielgepriesener und zweimal verfilmter Novelle „Ein fliehendes Pferd“ in nichts nach. Während sich Walser mit den Untiefen normaler Partnerschaften beschäftigt, behandelt Wagner die Seelenqualen des Studenten Harald und seine oft scheiternden Bemühungen, auch nur mit seinem engsten Umfeld zurechtzukommen, weil er sexuelle Neigungen besitzt, die er selbst als problematisch empfindet. Dabei wird die innere Zerrissenheit des Protagonisten ebenso eindringlich geschildert, wie die Figurenpsychologie der anderen Charaktere stimmig erscheint und die sozialen Prozesse, die sich hier abspielen, höchst anschaulich sind.

Von erheblichem Gewicht sind die Fragen, die dieser Roman stellvertretend durch seine Hauptfigur aufwirft. Etwa: Woher kommen diese Gelüste? Muss ich sie überwinden? Sind sie „böse“? Kann ich mich mit ihnen anfreunden, mit ihnen umzugehen lernen? Auf welche Weise? Zahlreiche Leserinnen und Leser, deren Neigung nicht mit denen der (vielleicht auch nur scheinbaren) Mehrheit übereinstimmen und die sich ohne die Geborgenheit einer Subkultur, die sie auffängt, als „Freaks“ fühlen, dürften sich in den Gedankengängen Haralds wiederfinden.

Damit knüpft Wagners Roman nicht nur kongenial an literarische Werke mit ähnlichen Themen an (etwa Musils „Verwirrungen des Zöglings Törleß“ und Wedekinds „Frühlingserwachen“). Er macht Harald dadurch, dass dieser zuerst in seiner christlichen Herkunft und dann in seinem Psychologiestudium vergebens nach einem Schlüssel zum Ende seines Leidens sucht, zum Repräsentanten der Geworfenheit des heutigen Menschen an sich: Die Religion als Hinterlassenschaft aus vormodernen Zeiten bietet ihm ebenso wenig Trost und Hilfe wie die Psychologie als neue Heilslehre und Philosophie, die in der Moderne entstanden ist.

Das ist indes kein reiner Kunstgriff: Wie man der Autorenvita entnehmen kann, ist Joe Wagner selbst Sozialpädagoge mit kirchlichem Hintergrund (und die wohl meisten Erstlingsromane sind ohnehin stark autobiographisch geprägt). Dem Roman wird so auch eine Liste weiterführender Literatur nachgefügt. Das bietet dem interessierten Leser einen zusätzlichen Nutzen und vertieft die Gewissheit, dass der Autor bei diesen Themen weiß, wovon er spricht.

Man kann „Die Umkehrung“ vor allem jenen Menschen empfehlen, die selbst mit ihren Neigungen hadern: Schließlich gelingt es Harald, aus seinem Gedankenlabyrinth zu entkommen und eine authentische Sexualität zu entwickeln, zu der er stehen kann. Dass und wie er das schafft, kann vielen Lesern Mut geben. Aber auch für jene, die sich dafür interessieren, was in Menschen vorgeht, die abweichende sexuelle Bedürfnisse haben, dürfte die Lektüre dieses Romans ein klarer Gewinn sein.

Selbstkonzept

Selbstkonzept, Wagner, Joe (2013). ISBN: 9783848257805.

Bücher zur ethischen Einschätzung von BDSM

Die neue Liebesordnung

Die neue Liebesordnung Frauen, Männer und Shades of Grey Autorin: Illouz, Eva 1. Auflage 2013, Verlag Suhrkamp, ISBN-13 978-3-518-06487-0, 7,99 EUR

BDSM aus soziologischer Sicht. Kommentar von Stephan: Die Autorin gehört zu den wenigen, die gesellschaftliche Phänomene wie BDSM wirklich universell durchdenken können. Von Hause aus ist sie Soziologin und lehrt als Professorin in Israel. Sie hat diverse weitere Bücher über Sexualität und Beziehungen geschrieben. Am Beispiel der BDSM-Triologie von Shades of Grey wird der soziokulturellen Hintergrund von BDSM beleuchtet.

Vögeln ist schön

Titel: Vögeln ist schön, Untertitel: Die Sexrevolte von 1968 und was von ihr bleibt, Autorin: Heider, Ulrike ISBN-13: 978-3-86789-584-2 Verlag: BEBUG 1. Auflage 2014 7,99 EUR, 320 Seiten, E-Book (EPUB)

Beschreibung des Verlages: Abhängig vom politischen Klima entstehen, vergehen und wiederholen sich bestimmte Vorstellungen von Sexualität. Ulrike Heider ist diesem Phänomen nachgegangen. Mit oft scharfer Kritik und der Würze persönlicher Erinnerungen schickt sie den Leser auf eine ideologische Zeitreise von den 1950er Jahren bis heute. Drastisch schildert sie Sexualverbote, Zensur und Doppelmoral in der Ära des kalten Krieges. Mit Vergnügen lässt sie die Sexuelle Revolution aufleben, berichtet von Sitten-Skandalen an Gymnasien, von der Freien Liebe revoltierender Studenten, von Kommune 1 und 2. Auch die Klitoris als Schlüssel zum Reich der Zärtlichkeit kommt zu ihrem historischen Recht, ebenso wie die Kampagnen gegen den „Schwanzfick“ und jene Weiberfreunde, die sich „Softies“ nannten.

Als Kanzler Kohl die „geistig moralische Wende“ ausrief, war der kurze Sommer des „Make Love not War“ vorbei. Die „Tränen des Eros“ begannen zu fließen, aus Hedonisten wurden Libertins. Sie rehabilitierten Pornographie und Bordellerotik, propagierten abgründige Leidenschaften, Geschlechterkämpfe und ein pessimistisches Bild von Sexualität, das heute Mainstream ist. Macht, Ohmacht und Schmerz gehören demnach zur Lust wie Krieg zum Frieden oder der Herr zum Knecht. Weder Liberale noch Progressive, weder Gender-Feministinnen noch Queerbewegte zweifeln daran, während traditioneller Sexualkonservatismus ungehindert wiederkehrt.

Über die Autorin: Ulrike Heider wuchs in Frankfurt/Main auf, engagierte sich dort in der antiautoritären Protestbewegung und promovierte 1978 als Politologin. Seit 1988 lebt sie als freie Schriftstellerin in New York und Berlin. Sie schrieb zahlreiche Bücher, Essays und Radiosendungen zur Schüler- und Studentenbewegung, über Anarchismus, afroamerikanische Politik und Sexualität.

Kommentar von Stephan: Das Buch enthält eine kritische Gegenmeinung zu dem von Eva Illouz, auf das die Autorin sich im Kapitel über BDSM: „Der Siegeszug des Sadomasochismus“ bezieht. Frau Heider lehnt BDSM ab, weil er Leistungsdenken und Konsum mit sich bringt und vor allem weil er dazu dienen kann alte Verhaltensweisen des Patriarchats zu erhalten, die sie als Feministin überwinden möchte.

Nach meiner Erfahrung kann BDSM sowohl gebraucht werden um alte Rollenmuster zu überwinden, als auch um solche zu konservieren. Die Frage ist weniger was man macht, sondern wie man es macht. Bei Frau Illouz ist die Verhandlungsmoral ein Fortschritt und alte Rollenmuster werden auch überwunden, wenn man mit ihnen spielt. So zeigt sich an beiden Büchern, wie vielfältig BDSM gesehen werden kann und dass sich jeder sein eigenes Bild machen sollte.

Bücher über BDSM allgemein

Das SM-Handbuch

Das SM-Handbuch Autor: Grimme, Mattias T. J., 14. Auflage 2018 (Die 1. Auflage ist 1996 erschienen) Verlag: Charon. 978-3-931406-80-6

Das Bondage-Handbuch.

Das Bondage-Handbuch. Anleitung zum erotischen Fesseln. Grimme, Matthias T. J. (1999): Verlag: Charon. Grimme. ISBN: 9783931406165

Die Wahl der Qual

Die Wahl der Qual. Handbuch für Sadomasochisten und solche, die es werden wollen. Autorinnen: Passig, Kathrin; Strübel, Ira: Rowohlt-Taschenbuch-Verl. 3. Auflage 2009 (erste Auflage war 2004) 978-3-499-62408-7 9,99 Euro

Kommentar von Stephan: Umfassendes und unterhaltsam geschriebenes Einsteigerbuch. Mit vielen praktischen Tipps.

Lust an der Unterwerfung

Lust an der Unterwerfung. Frauen bekennen sich zum Masochismus. Geissler, Sina-Aline (1. Auflage 1990): Moewig. ISBN: 9783811838970. Nicht mehr regulär lieferbar.

Kommentar von Stephan: Wichtiges Buch, weil schon 1990 populär.

Bücher über Sexualität aus christlicher Sicht

Ehe, Liebe und Sexualität im Christentum

Ehe, Liebe und Sexualität im Christentum Von den Anfängen bis heute, Autor Angenendt, Arnold ISBN-13: 978-3-402-13146-6, Verlag: Aschendorff, Erscheinungsdatum: 24.02.2016 2. Auflage 19,90 EUR 324 Seiten

Beschreibung: Die heutige Vorstellung von partnerschaftlicher und ‚romantischer‘ Liebe ist historisch ein Spätprodukt. Der mit Antike und Bibel einsetzende Überblick zeigt, daß die Geschichte der praktizierten Sexualität durchaus von Liebe zeugt, aber zugleich voller Zwänge und Grausamkeiten ist.

Das Christentum sah sich seit seiner Entstehung praktisch wie reflexiv herausgefordert. Es prägte gleichermaßen die Vorstellung von gleichberechtigter Partnerschaft wie auch von Lustfeindlichkeit. Inzwischen werden die kirchlichen Aussagen zur Sexualität breit kritisiert oder gänzlich zurückgewiesen.

Das vorliegende Buch stellt alle kontroversen Aspekte um Ehe, Liebe und Sexualität aus historischer Perspektive dar – mit teilweise verblüffenden Einblicken: Die heute zum Weltexportartikel gewordene romantische Liebe ist ohne Christentum nicht denkbar.

Die Ehe

Das Buch: Die Ehe, Ein riskantes Sakrament von Christiane Florin,
ISBN-13: 978-3-641-18664-7, Verlag: Kösel, Erscheinungsdatum: 28.03.2016
Preise: 13,99 EUR, beschreibt sehr Anschaulich die Entwicklung, die die Vorstellungen von der Ehe im Laufe der Kirchengeschichte gemacht hat. Wir denken oft, das diese Vorstellung von der Bibel vorgegeben immer gleich geblieben sei. Hier kann man sehr anschaulich und unterhaltsam lernen, wie unsere heutigen Vorstellungen sich entwickelt haben. Die Ehe ist in der christlichen Sexualethik immer noch Ausgangspunkt, auch wenn es um Fragen von BDSM geht. Deshalb ist das Buch hier aufgeführt.

Beschreibung des Verlages:
Die Lust am Heiraten ist groß. Obwohl fast jede zweite Ehe in Deutschland wieder geschieden wird, treten fast jedes Jahr rund 40.000 Paare vor den Altar. Christiane Florin will den Leser auf den neuesten Stand dieser Diskussion bringen. Warum ist die Ehe für die katholische Kirche so wichtig? Warum sind Veränderungen gerade an diesem Sakrament so schwierig? Was hilft Menschen? Und was der Kirche? Das Buch bietet plausible Antworten auf diese Fragen und bringt Licht in eine zerfahrene Debatte. Die Geschichte einer heiklen Lebensform. Mit den neuesten Erkenntnissen der Familiensynode im Vatikan.

Bücher über Sexualität mit BDSM Bezug

Sexpositiv

Sexpositiv. Intimität und Beziehung neu verhandelt. Dein Körper, deine Regeln: Mit Sexpositivität zu mehr Selbstliebe und Zufriedenheit. Partnerschaft und Sexualität neu denken. Autorinen: Roidinger, Beatrix / Zuschnig, Barbara

ISBN 978-3-99060-211-9 Goldegg Verlag Erscheinungsdatum 23.03.2021 22,00 EUR

Kommentar von Stephan: Das Buch behandelt BDSM neben vielen anderen sexpositiven Themen, wie zum Beispiel Tantra. Es wird ein sexpositives Netzwerk beschrieben, in dem Regeln zur Selbstfindung und Einvernehmen die Grundlage bilden. Besonders wertvoll finde ich das Buch durch die praktischen Beispiele aus der Beratungspraxis der Autorinnen in Wien.

Sie hat Bock

Sie hat Bock, Autorin: Lewina, Katja, 6. Auflage 2020 Verlag: DuMont Buchverlag 978-3-8321-8117-8

Bock Männer und Sex, Autorin: Lewina, Katja, 2. Auflage 2021,Verlag: DuMont Buchverlag, 978-3-8321-8006-5

Kommentar von Stephan: Die beiden Bücher von Frau Lewina sind ein bemerkenswerter Ausflug in die Welt der Sexualität. Im ersten geht es vor allem um Frauen und im zweiten um Männer. Die Autorin berichtet offen von ihren eigenen Erfahrungen und stellt diese auch in einen größeren Zusammenhang. In beiden gibt es auch einen kleinen Ausflug in die Welt des BDSM. Im ersten eher negativ, im zweiten eher geheimnisvoll. Beides gibt vermutlich den Stand vieler Menschen wieder. Sie bemühen sich nicht zu diskriminieren, tun sich mit dem Thema aber immer noch schwer.


Unsere Leitlinien

  • Präambel: Gottesbezug
    Als Geschöpfe Gottes geben wir Rechenschaft über unsere Gedanken, Taten und Sünden gegenüber Gott.
    Wir glauben an die Liebe und Errettung durch Jesus Christus.
  • Wir und die Kirchen
    Wir sind Mitglieder der ökumenischen christlichen Gemeinschaft.
  • Wir und BDSM
    Wir akzeptieren und leben die vielfältige und einvernehmliche BDSM-Kultur.
  • Wir und Fragende
    Wir wertschätzen den Dialog mit Fragenden als Bereicherung und Lebenshilfe.
  • Wir und die Kritiker
    Wir wollen konstruktiv mit Kritik umgehen und erwarten dies auch von unseren Kritikern.
  • Wir intern
    Wir gehen achtsam miteinander um.
  • Postambel
    Jeder ist herzlich willkommen zum Dialog.