Vom 12. – 14. Okt. 2018 haben wir uns beim SMuC-Bundestreffen in Kirchheim mit dem Thema „Vertrauen“ beschäftigt. In Anlehnung an die Kirchentagslosung 2019 aus 2. Kön. 18,19 und weil Vertrauen auch im BDSM-Bereich eine große Rolle spielt.
Im genannten Bibeltext steht z. B das Wort Vertrauensmann. Für den König zur damaligen Zeit war das der Mundschenk, der die Weine im Beisein des Königs vorkosten musste, damit dieser darauf vertrauen konnte, dass diese nicht vergiftet waren. Im hebräischen Urtext wird das Wort „batak“ verwendet, das soviel wie „sich sicher fühlen, sorglos sein“ bedeutet.
Zunächst ging es uns um den Begriff im Allgemeinen, im Gottesbezug, in der Umwelt, in der Gesellschaft, im Zusammenspiel von Freunden, Familie und Beziehungen und dann im BDSM-Kontext.
Im frühkindlichen Alter entwickelt sich eine gesunde Selbstwahrnehmung durch positive Erfahrungen. Gestörte Selbstwahrnehmung ist das Ergebnis eines disfunktionalen Umfelds. Eigene Bedürfnisse werden nicht wahrgenommen und ignoriert oder systematisch gegengesteuert, d. h. der Mensch kann kein Vertrauen in sich selber und anderen gegenüber entwickeln (bio-psycho-soziale Komponente).
Vertrauen kann auch bedeuten, dass man abwartend reagiert und Ruhe bewahrt. Aus dem Wort Vertrauen haben wir dann die folgenden Worte abgeleitet: Zutrauen, sich trauen, Ehetrauung, Selbstvertrauen.
Selbstvertrauen entsteht, wenn wir jemanden fördern und auch fordern. Wenn wir kein Vertrauen entwickeln können, in welcher Form auch immer (z. B. gegenüber Mengenangaben auf Verpackungen, Technik, Strom- und Wasserversorgung, Jahreszeitenabfolge, in eigene Fähigkeiten) ist der Mensch nicht lebensfähig.
Vertrauen basiert somit auf Erfahrungen, durch Vertrauensvorschuss und vertrauenbildende Maßnahmen.
Verlorengegangenes Vertrauen kann wieder hergestellt werden, wenn der Mensch vergeben kann. Dieses ist ein aktiver Arbeitsprozess (Anklage, Schuldeinsicht und Racheverzicht) und kein Automatismus.
Der Gegensatz zum Vertrauen ist nicht Misstrauen, sondern Angst. Existenzielle Ängste entstehen, wenn das Urvertrauen nicht aufgebaut oder gestört worden ist.
Ein positives Schlüsselerlebnis sei es für sie gewesen, so erzählte eine Teilnehmerin, dass sie durch Ausübung von Klinikerotik ein Trauma in Bezug auf einen realen Krankenhausaufenthalt und Misstrauen gegenüber Ärzten überwinden konnte.
Beim Ausleben von BDSM-Praktiken können sowohl der aktive als auch der passive Partner gegenseitig in Hinblick auf Vertrauen wunderbare Erfahrungen sammeln: Der aktive, indem er auf die Rückmeldung des passiven Partners vertraut, dass dieser ggfs. das ausgemachte Codewort einsetzt. Und der passive Partner, indem er sich vertrauensvoll in die Hände des aktiven fallen lassen kann und beide sich durch Achtsamkeit und gegenseitige Wertschätzung in ihren Positionen akzeptieren.